Trotz des Wachstums der Elektromobilität bleibt die Wirtschaftlichkeit von Schnellladestationen eine grosse Herausforderung. Hohe Investitionskosten, komplexe Preisgestaltung und eine (zu) geringe Auslastung führen dazu, dass viele Ladestationen unrentabel sind. Betreiber müssen daher Massnahmen ergreifen, um durch bessere Standortwahl, Preisanreize und Kostenminimierung die Profitabilität zu steigern.
1. Einleitung
Der Anteil der reinen Elektroautos in der Schweiz betrug Ende 2023 rund 3.3% (2.3% im Jahr 2022) des gesamten Fahrzeugbestandes.(1) Obwohl der Grossteil der Ladevorgänge zu Hause oder am Arbeitsplatz stattfindet, sind die Lademöglichkeiten an öffentlichen Schnellladestationen entlang von Autobahnen ein wichtiges Element der E-Mobilität. Fernfahrten mit Elektrofahrzeugen bedingen eine entsprechende Infrastruktur. Die durchschnittliche Auslastung an Schweizer Schnellladestationen mit einer Leistung von mehr als 150 kW lag im 4. Quartal 2022 allerdings nur bei durchschnittlich 7%.(2) Die Wirtschaftlichkeit von Schnellladestationen ist damit in Frage gestellt.
Neben der Auslastung sind für die Wirtschaftlichkeit von Schnellladestationen die Preisgestaltung, die Investitions- und Stromanschlusskosten sowie die Netznutzungstarife entscheidend. Im Blog zeigen wir in einer Break-Even Analyse den bedeutenden Einfluss der Auslastung und der Preise auf die Profitabilität von Schnellladestationen auf.
2. Relevante Kostentreiber
Der Bau und Betrieb von Schnellladestationen ist teuer. Die Investitionskosten bestehen aus der Grundinstallation, der Ladestation und den Anschlusskosten an das Stromnetz. Die Netzanschlusskosten für die Erstellung des Netzanschlusses sowie allfällige Netzkostenbeiträge für die bestellte Leistung sind vom Netzanschlussnehmer, d.h. vom Ladestationsbetreiber, zu bezahlen. Da die bestehende Netzinfrastruktur häufig nicht auf die hohen Lasten von Schnellladestationen ausgelegt ist, können die Anschlusskosten im Einzelfall sehr hoch ausfallen, was die Wirtschaftlichkeit beeinträchtigt.
Die Anforderungen an eine hohe Verfügbarkeit der Ladestationen wirken sich überdies direkt auf die Betriebs- und Unterhaltskosten aus. Die Real-Time Überwachung der Ladestationen und der First Level Support sind für die Reputation des Anbieters absolut kritisch. Nicht zu unterschätzen sind Transaktionskosten für die Abrechnung der Ladevorgänge.
Der dritte relevante Kostenblock bildet der jeweilige Strompreis am Standort der Ladestationen. Bei der elektrischen Energie ist je nach Jahresverbrauch der Ladestation eine Marktbeschaffung möglich (>100'000 kWh/a) oder aber ein Stromprodukt des lokalen Verteilnetzbetreibers zu beziehen. Bei den Netzentgelten, bestehend aus Arbeits- und Leistungspreis, gilt dagegen immer der Tarif des lokalen Verteilnetzbetreibers. Kommt ein Leistungspreis zur Anwendung, was unter dem neuen Bundesgesetz über eine sichere Stromversorgung künftig wohl flächendeckend der Fall sein wird, erhöhen sich die Kosten des Ladestationsbetreibers unabhängig vom tatsächlichen Strombezug, weil diese auf der in der Abrechnungsperiode maximal bezogenen Leistung basieren.
3. Herausforderungen bei der Preisgestaltung
Wie mehrere Medienbeiträge in der Vergangenheit aufzeigten, nehmen Elektroautofahrer*innen die Preise an Ladestationen tendenziell als zu hoch wahr.(3) Dabei spielt der Eindruck intransparenter Preise eine wichtige Rolle, weil in der Schweiz bei der Abrechnung von Ladedienstleistungen gegenwärtig vor allem energiebasierte Preise (pro bezogene kWh), häufig in Kombination mit zeit- und standortbasierten Preisen (abhängig von der Uhrzeit und Ladezeit an der Ladestation und/oder von deren Standort) Anwendung finden. Aus Sicht der Elektroautofahrer*innen erschwert die Kombination von verschiedenen, teils variablen Preiskomponenten die Abschätzung der Gesamtkosten vor dem Ladevorgang. Öffentliche Ladestationen werden deshalb meist nur genutzt, wenn keine Alternativen bestehen.
Ladepreise können vom Ladestationsbetreiber oder Ladeanbieter zur Optimierung der Wirtschaftlichkeit entsprechend nicht beliebig erhöht werden. Die Herausforderung besteht darin, mehr als kostendeckende und trotzdem marktfähige Endkundenpreise zu setzen. Erschwerend wirkt sich aus, dass zeitbasierte Preise, welche an der Ladezeit der Elektroautos anknüpfen, zu einer Diskriminierung der einzelnen Kunden führen können. Je nach Fahrzeugmodell kann nämlich die von der Ladestation maximal angebotene Leistung nicht oder nur über einen bestimmten Zeitraum bezogen werden, was den Ladevorgang in die Länge zieht. In der Europäischen Union sind deshalb zeitbasierten Ladepreisen seit April 2024 enge Grenzen gesetzt.(4)
4. Auslastung und Preisgestaltung als kritische Erfolgsfaktoren
Nachfolgende Tabelle stellt eine vereinfachte Berechnung der Wirtschaftlichkeit einer Schnellladestation mit zwei Ladepunkten (150 kW) an einem Standort mit vier Schnellladestationen dar. Dabei wurden die Einflüsse der Auslastung sowie der Preis pro kWh auf den jährlichen EBT (in TCHF) simuliert:
Grundlagen: Investitionskosten: TCHF 145 (für 1 Ladestation inkl. Grundinstallation/Trafo); Betrieb- und Unterhalt inkl. Overhead: 6% der Investitionskosten p.a; Strom- und Netzpreis: 23 Rp./kWh; Leistungspreis: 9 CHF/kW/Monat; Ladeverluste: 10%; Ø Ladeleistung: 55%; Fremdkapitalzins: 3%; Auslastung bezieht sich auf den potentiell möglichen Strombezug
Die Tabelle zeigt auf, dass die notwenige Auslastung mit den gängigen und von den Elektroautofahrer*innen akzeptieren Ladepreisen zwischen 50 Rp./kWh und 60 Rp./kWh rund 20% betragen muss, um eine Schnellladestation überhaupt wirtschaftlich betreiben zu können. Diese Schwelle dürfte heute nur vereinzelt erreicht werden.
Hinzu kommt, dass die Batteriereichweiten von Elektroautos seit Jahren stetig zunehmen. Der Bedarf an Schnellladestationen nimmt folglich selbst bei einem stark wachsenden Anteil von Elektrofahrzeugen am gesamten Fahrzeugbestand nicht proportional zu.
5. Optimierung der Auslastung: «Lage, Lage, Lage»
Das «Bonmot» aus der Immobilienwirtschaft gilt auch bei Schnellladestationen: Je stärker frequentiert ein Ladestationsstandort ist, desto höher die Auslastung. Im Zuge des Netzwerkaufbaus wurden bislang jedoch auch Standorte erschlossen, welche künftig Schwierigkeiten haben dürften, die wirtschaftlich notwendige Auslastung je zu erreichen.
Die Auslastung eines Standorts kann einerseits über Preisanreize, d.h. die Einführung von standort- resp. zeitbasierten Preisen, gesteigert werden. Zu beachten ist dabei stets die Preisbekanntgabeverordnung (PBV)(5), wonach die Preise vor dem Ladevorgang transparent auf einem Display oder auf einem kundeneigenen Mobile Device auszuweisen sind. Standort- resp. zeitbasierte Preise, die sich während des Ladevorgangs dynamisch verändern, sind entsprechend nicht zulässig.
Neben preislichen Anreizen bestehen weitere Möglichkeiten für die Optimierung der Wirtschaftlichkeit. Eine höhere Auslastung kann standortbasiert durch Kooperationen mit Geschäften und Restaurants in der Nähe, durch Angebote zur Überbrückung der Wartezeit, durch Werbung an Displays oder mittels Ladeverträgen mit Flottenbetreibern erreicht werden. An attraktiven Standorten kann auch die Erhöhung der Ladeleistung zu einer höheren Auslastung führen.
Auf der Kostenseite können durch Skaleneffekte, wie beispielsweise der gebündelten (Markt-)Beschaffung der Ladestationen und/oder der elektrischen Energie, Einsparungen erzielt werden. Zur Vermeidung von hohen Netzanschlusskosten und Leistungspreisen bietet sich ein Lastmanagement oder der Einbau von Pufferbatterien an. Pufferbatterien eigenen sich auch für die Erbringung von Systemdienstleistungen am Regelenergiemarkt.
6. Fazit
Die Ladestationsbetreiber stehen vor der Herausforderung, dass ihre Schnellladestationen voraussichtlich auch mittelfristig nur an gut frequentierten Standorten profitabel sein werden. Derweil werden Preiserhöhungen von Elektroautofahrer*innen kaum akzeptiert. Ladestationsbetreiber müssen sich deshalb überlegen, mit welchen griffigen Massnahmen sie die Wirtschaftlichkeit an schlecht frequentierten Standorten verbessern können. Gelingt dies nicht, droht ein «stranded investment».
Verweise
Bildnachweise: Pixabay, AKrebs60
1) Strassenfahrzeuge – Bestand, Motorisierungsgrad | Bundesamt für Statistik (admin.ch)
2) Hubject: Occupany rate of ultra-fast DC charging points in the DACH region, Q4 2022. (Auslastung = Dauer bei der ein Auto angeschlossen ist.
3) Vgl. Elektromobilität - Was die Freude am E-Auto verderben kann - Kassensturz Espresso - SRF
4) Vgl. Art. 5 Abs. 4 f. der Verordnung (EU) 2023/1804 vom 13. September 2023 (AFIR-Verordnung).
5) Vgl. Verordnung über die Bekanntgabe von Preisen (PBV): Merkblatt zur Preisbekanntgabe bei Elektro-Ladestationen